Janik von Rotz


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Wir müssen wieder lernen zu verzichten

Wir befinden uns gerade in einem umstrittenen Abstimmungskampf in der Schweiz. Wir entscheiden darüber, ob man weiterhin synthetische Pestizide in den Boden und damit ins Trinkwasser geben darf. Wie es zu dieser Abstimmung kommt und wie es unabhängig vom Entscheid aussehen könnte, möchte ich erläutern.

In Realität gibt es bei Abstimmungen keine Lager, es ist immer ein Spektrum. Einfachheitshalber teilen wir Gegner und Befürworter in zwei Lager auf.

Auf der Seite der Gegner ist die monopolistische Agrarindustrie mit einer starken Lobby. Unmittelbar davon abhängig sind die Bauern. Deren Ansichten sind entscheidend, ihr Handundlungsspielraum ist jedoch durch die Abhängigkeit äusserst eingeschränkt.

Auf der Seite der Befürworter haben wir die Stimmen des Bodens und der Luft. Boden- und Luftanalysen haben gezeigt, dass unsere Umwelt ist nicht unendlich belastbar ist. Mit der modernen Landwirtschaftsindustrie hat die Monokultivierung viele Erfolge verzeichnet, stösst aber heute an ihre Grenzen. Der Boden droht zu vergiften, die Biodiversität verliert ihre Diversität.

Die Fronten haben sich verschärft und dazwischen sind die Bauern gefangen, deren Existenz auf dem Spiel steht. Das soll aber kein Argument sein, den Existenz ist immer eine Frage der Perspektive.

Können wir uns eine Landschwirtschaft ohne Pestizide vorstellen und wenn ja, was heisst das für die Bauern, den Konsumenten und alle dazwischen?

Landwirtschaft ohne Pestizide

Ohne Experte zu sein 1, bin ich ziemlich sicher, dass es eine Landwirtschaft ohne Pestizide möglich ist. Es gibt bereits erfolgreiche Betriebe (Biobetriebe zählen nicht dazu), die das mehrfach bewiesen haben. Sie haben alternative Methoden zur Schädlingsbekämpfung und Rekombination von Pflanzen-DNA zur Verbesserung der Resistenz entwickelt. Die Ansprüche an einen gesunden Boden und einer nachhaltigen Wirtschaft sind für diese Betriebe eine Selbstverständlichkeit.

Die verfahrenen Strukturen der Agrarpoltik haben dazu geführt, dass sich diese alternativen Methoden und Kompetenzen nicht durchsetzen und etablieren konnten.

Die Arbeit von Bauern soll fair vergütet werden. Subventionen als Anreizsystem hat vermutlich ausgedient. Wenn die Umwelt im Wandel ist, muss man sich als Unternehmer den neuen Gegebenheiten anpassen können. Die Subventionspolitik braucht zu lange um die richtigen Anreize zu setzen.

Vom Konsument zum Produzent

Aktuell leben wir in einer Nachfrageorientierten Wirtschaft. Der Konsument diktiert dem Anbieter, wie die Rüebli im Supermarkt aussehen soll. Wenn der Konsument Avocado haben möchte, dann bekommt er diese. Dieses Verhalten führt zu einer unhaltbaren Selektion von Lebensmitteln. Was nicht passt, wird nicht angebaut, gehandelt oder eingekauft.

Das war nicht immer so. In einer Angebotsorientierten Wirtschaft wie es in den 1920er der Fall war, konnte man als Konsument nicht auswählen. Das Auto von Ford gab es in allen Farben, die einzige Bedingung war, dass es Schwarz sein musste 2.

Wer eine Landwirtschaft ohne Pestizide möchte, muss auch verzichten können. Man darf nicht mehr den willenlosen Konsumen spielen, sondern muss damit Leben können, wenn das Gemüse nicht perfekt aussieht oder man auf einmal Saisonal einkaufen muss. Man muss eine unbequeme Haltung einnehmen 3.

Brauch ich nicht

Wir leben im Überfluss und haben und geniessen alle Freiheiten. Doch genau das bereitet uns immer mehr Probleme. Überlfuss und Freiheit haben versteckte Kosten. Ein nachhaltiges Denken ist gefordert und deshalb müssen wir auf vieles verzichten. Es ist ein Kampf mit dem menschlichen Verlangen nach Reichtum und Prestige.

Mit “Brauch ich nicht” stelle ich eine einfache Idee vor. Der neue Wert unserer Gesellschaft soll der Verzicht und nicht der Besitz sein. Wir können alles haben und genau deshalb ist der Verzicht so viel besser. Der Gierige als der Verlierer und der Mittellose als Gewinner.

Teilst du meine Meinung? Dann verbreite deine Meinung mit dem Hastag #brauchichnicht. Nutze die Schablone ________ brauch ich nicht. und sag der Welt auf was man mit gutem Gewissen verzichten kann.


  1. Inhaltlich beziehe ich mich auf den SRF DOK: Landwirtschaft ohne Pestizide | NETZ NATUR mit Andreas Moser. [return]
  2. Ford hat das wirklich gesagt: Wikiquote - Henry Ford. [return]
  3. Die Wahrheit ist immer unbequem, vielleicht erinnern sie sich noch an den FilmEine unbequeme Wahrheit von Al Gore. [return]

Categories: Politics
Tags: essay , thoughts
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